Seit Jahren arbeite ich jeweils im Sommer mehrere Wochen auf einer SAC-Hütte auf knapp 2’700m. Die bekannten Phänomene wie etwas schnellerer Puls oder schneller aus der Atmung kommen bei Anstrengung in den ersten Tagen auf der Höhe sind mir logisch und bekannt.
Ich beobachte jedoch seit Jahren, dass ich einen Tag nach Abstieg (immer zu Fuß) Schwindel, Müdigkeit und leichte Kopfschmerzen habe. Diese Symptome vergehen nach einem Tag spurlos. Ich bin Mitte Dreißig, sportlich und leide an keinen Erkrankungen. Ich bin deswegen überhaupt nicht beunruhigt, aber mich würde es interessieren, ob es eine Art Akklimatisierungszeit auf Normalhöhe braucht. Normalerweise spricht man ja immer vom Gegenteil.
Antwort von Hoehenmedizin.org
Tatsächlich kennt man dieses selten beschriebene Phänomen unter der Bezeichnung Reverse Altitude Sickness (besser: high-altitude de-acclimatization syndrome). Manche Studien sprechen von einer Inzidenz von 84% (d.h. fast jeder Rückkehrer in Tiefland!).
Wenn Sie aus der Höhe ins Tiefland absteigen, sollte sich Ihr Blut eigentlich gut mit Sauerstoff sättigen und ihr Blutdruck normal sein. Sie sollten sich gut fühlen. Dies ist aber in diesen Fällen zumindest in den ersten 3 Tagen paradoxer Weise nicht so.
Manchmal – besonders wenn Menschen längere Zeit in der Höhe verbracht haben, so wie Sie – fehlen die zu erwartenden positiven Veränderungen auf den erhöhten Sauerstoffpartialdruck im Tiefland. Der Blutdruck ist dann niedriger als normal und es kommt zum Eiweißverlust über die Nieren sowie zum Blutverlust über den Darmtrakt. Weiterhin kann es zu Blutbildveränderungen kommen, in erster Linie beim roten Blutfarbstoff und den Erythrozyten, welche dann in einer niedrigeren Konzentration vorliegen, als vor dem Höhenaufenthalt. Diese Symptomatik resultiert aus den vorherigen physiologischen Veränderungen, die durch den langen Höhenaufenthalt hervorgerufen wurden. Die genauen pathophysiologischen Veränderungen für die Rückkehrveränderungen sind aber im einzelnen noch nicht ganz geklärt.
Die typischen klinischen Zeichen sind Kopfschmerzen, Schwäche, Schwindel, Schlaflosigkeit und Appetitverlust.
Literatur
- Benfeng He et al. Analysis of High-Altitude De-Acclimatization Syndrome after Exposure to High Altitudes: A Cluster-Randomized Controlled Trial. 2013; 8(5): e62072.
- Zhou, Q.Q., et al. (2014) Regular Observation of De-Acclimatization and Randomized Controlled Research of Diagnostic Criteria of High Altitude De-Acclimatization Syndrome among Different Plateau Migrants Crowd after Their Return to the Plain. Occupational Diseases and Environmental Medicine, 2, 86–100.