Vor 2 Jahren haben Sie mir geraten, wegen meiner Gerinnungsstörung Faktor V Leiden, meines Alters (71) und meiner damaligen Einnahme von Östrogenen während des Höhenaufenthaltes in Peru/Bolivien Blutverdünner einzunehmen. Ich nahm 10mg Rivaroxaban/Tag und das klappte gut. Allerdings war die erste Übernachtung (ca. 2000 Höhenmeter) per Bus ziemlich schlimm. Ich bekam keine Luft und brauchte Sauerstoff. Einmalig 5 min Sauerstoff genügten, danach hatte ich während der ganzen Reise keine Probleme mehr, aber bei der geringsten Berührung schon blaue Flecken.
Dieses Mal geht es von Nepal aus nach Tibet, es geht auch hier einmal 2000 Höhenmeter hinauf auf 5000m per Bus.
Meine Frage: Vermindert die Blutverdünnung die Sauerstoffsättigung bzw. könnte ich auch mit weniger als 10mg Rivaroxaban auskommen? Und gibt es ein Medikament, das ich bei heftigen Kopfschmerzen dennoch einnehmen könnte? Ich bin 71 Jahre alt, ziemlich klein, fit und habe derzeit 59kg.
Antwort von Hoehenmedizin.org
Schön, dass Sie wieder auf meinem Blog vorbeischauen.
Kennen Sie die Abenteuer des griechischen Helden Odysseus? Er muss auf seinen Irrfahrten unter anderem durch eine Meerenge in der Straße von Messina. Dort laueren Skylla und Charybdis auf je einer Seite. Und je nach dem, auf welche Seite man sich begibt, wird es Kollateralschäden geben – in diesem Fall tote Seeleute. Dieses Gleichnis passt für fast alle zweiseitigen Entscheidungen, die man im Leben zu treffen hat – insbesondere in der Medizin.
Wenn Sie einen Gerinnungshemmer einnehmen, werden Sie bei Bagatellverletzungen vermehrt bluten und blaue Flecken bekommen. Andererseits: wenn Sie Ihre Gerinnung nicht hemmen, dann können Sie bei Ihrer Veranlagung in Verbindung mit großen Höhen eine Thrombose oder gar eine Lungenembolie entwickeln und letztere ist potentiell tödlich.
Nun, die niedrigste Dosis Rivaroxaban sind 10mg. Die Halbwertzeit beträgt hier bis zu 72 Stunden. Wenn Sie kurzfristiger und nur zu bestimmten Zeiten antikoagulieren wollen, dann empfiehlt sich für die Dauer des Aufenthaltes in großen Höhen (oberhalb 2’500m) die Applikation von Enoxaparin natrium (20mg) unter die Haut einmal täglich. Die Halbwertzeit beträgt hier nur 12 Stunden, so dass die Dauer der Nebenwirkungen überschaubarer bleibt.
Die Blutverdünnung reduziert ihre Sauerstoffsättigung im Übrigen nicht.
Bei Kopfschmerzen sind unterschiedlichste Medikamente individuell hilfreich. Es würde zu weit führen, alle hier aufzuzählen. Menschen reagieren ganz unterschiedlich auf Medikamente und haben daher auch jeweils andere Erfahrungen bei Kopfschmerzmedikamenten. Wenn Sie ein Medikament entwickeln, welches die Kopfschmerzen aller Menschen lindert, dann ist Ihnen der Nobelpreis in der Medizin sicher. Versuchen Sie es doch zunächst mit den herkömmlichen Medikamenten wie z.B. Ibuprofen und Metamizol. Bei höhenbedingten Kopfschmerzen hilft Sauerstoff natürlich immer.