Geplant ist eine Kilimandscharobesteigung mit zwei 13-jährigen und einem 20-jährigen Typ 1 Diabetiker. Zusätzlich dabei ist ein 22-jähriger. Alle haben kein Höhentraining oder sonstige Vorbereitungen getroffen- sondern starten aus Studium und Schule.
Ist ein Diabetiker besonders gefährdet AMS zu entwickeln? Sind die beiden 13-jährigen nicht zu jung ?
Antwort von Hoehenmedizin.org
Zu diesem Thema haben wir bereits vor zwei Jahren zwei sehr ausführliche Artikel ins Netz gestellt, deren Inhalt ich Ihnen hier zum Teil wiedergebe.
Der Aufenthalt in großen und extremen Höhen stellt hohe metabolische Anforderungen an Bergsteiger mit Diabetes mellitus, zudem besteht für diese eine höhere Wahrscheinlichkeit, eine akute Bergkrankheit (AMS) zu erleiden. Die Gegenden, in welchen diese medizinischen Probleme auftreten, sind für eine rasche und adäquate medizinische Versorgung eher schlecht zugänglich, bei Ihnen der Kilimandscharo. Tatsächlich gibt es aber keine gesicherten Daten dafür, dass Komplikationen in der Höhe bei gut eingestellten Diabetikern öfter auftreten als bei gesunden Bergsteigern. Symptome der AMS wie Verwirrtheit oder Kopfschmerzen machen jedoch die Abgrenzung zu einer Hypoglykämie schwierig. Daher müssen sich Diabetiker in großen und extremen Höhenlagen weitaus häufiger den BZ kontrollieren und ggf. einstellen. Außerdem sind bei Höhen über 4000m oder bei niedrigen Umgebungstemperaturen manche BZ-Messgeräte nicht verlässlich, so dass eine akkurate BZ-Messung schwierig ist.
Manche Faktoren prädisponieren außerdem zum Auftreten einer Ketoazidose. AMS kann zu einem verminderten Appetit führen, so dass Typ I‑Diabetiker dazu neigen, sich aufgrund geringerer Nahrungsaufnahme eine geringere Insulindosis zu applizieren, um eine Hypoglykämie zu verhindern. Dies wiederum kann zum Auftreten der erwähnten Ketoazidose führen und diese Personen sind dann auch anfälliger für schwere Formen der AMS. Erbrechen und Ketonurie, wie sie bei solchen Stoffwechsellagen vorkommen, führen dann zur Dehydrierung, was die medizinische Situation weiter verschärfen kann.
Manche Bergsteiger nehmen als Prophylaxe oder Therapie der AMS Acetazolamid, was zu einer alkalischen Diurese führt und damit ebenfalls eine metabolische Azidose verursacht. Dies kann bei Typ I‑Diabetikern zur Verschlechterung der ketoazidotischen Stoffwechsellage beitragen. Diese diabetische Ketoazidose bei bergsteigenden Typ I‑Diabetikern wird übrigens in bis zu 8% für die Todesfälle in der Höhe bei diesen Patienten verantwortlich gemacht.
Für Typ I‑Diabetiker in großen und extremen Höhen ist das Wichtigste neben der minutiös genauen BZ-Einstellung eine akkurate Akklimatisation, um solche Katastrophen zu verhindern. Prinzipiell gilt:
- Ausreichende Flüssigkeitsaufnahme vor, während und nach der Anstrengung
- Wenn der BZ vor der Beanspruchung <100 /dL (5.6 mmol/L) beträgt, sollten zusätzlich 15–30g leicht verdauliche Kohlenhydrate aufgenommen werden, und zwar 15–30 min vor der Belastung sowie alle 30 min während der Aktivität
- Langsam resorbierbare Kohlenhydrate nach der Aktivität einnehmen, z.B. Trockenobst
- Die Insulindosis, welche während der Periode sportlicher Aktivität wirksam ist, sollte um 30% reduziert werden, insbesondere dann, wenn die Tätigkeit länger als eine Stunde dauert.
- Die Insulininjektion sollte an einer Stelle getätigt werden, die nicht in unmittelbarer Nähe zu den beanspruchten Muskeln liegt (beim Sportklettern nicht praktikabel, da alle Muskelgruppen aktiv sind).
- Die Insulininjektion sollte mindestens 60 bis 90 min vor der Aktivität appliziert werden.
Wegen der 13-jährigen Kinder brauchen Sie sich weniger Sorgen machen, sie sind ebenso anfällig wie Erwachsene auch für Bergkrankheiten. Eine gründliche Akklimatisation ist aber für alle angezeigt. Siehe hierzu auch https://hoehenmedizin.org/category/hoehenexposition-bei-saeuglingen-und-kindern/