Ich bin ange­hen­de Dia­be­tes­be­ra­te­rin und habe ein paar Fra­gen bzgl. Bergsteigen/ Sport­klet­tern mit Dia­be­tes. Da ich mei­ne Fach­ar­beit über das The­ma Berg­sport und Dia­be­tes schrei­be, wür­de ich ger­ne wis­sen, ob es hier­zu eben­falls Infos gibt.

 

Antwort von Hoehenmedizin.org

Im Zuge des zuneh­men­den Höhen­tou­ris­mus suchen immer mehr Men­schen mit Dia­be­tes mel­li­tus (DM) Rat bezüg­lich des Höhen­berg­stei­gens. Der Auf­ent­halt in gro­ßen und extre­men Höhen stellt hohe meta­bo­li­sche Anfor­de­run­gen an Berg­stei­ger mit DM, zudem besteht für die­se eine höhe­re Wahr­schein­lich­keit, eine aku­te Berg­krank­heit (AMS) zu erlei­den. Die Gegen­den, in wel­chen die­se medi­zi­ni­schen Pro­ble­me auf­tre­ten, sind für eine rasche und adäqua­te medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung eher schlecht zugäng­lich. Tat­säch­lich gibt es aber kei­ne gesi­cher­ten Daten dafür, dass Kom­pli­ka­tio­nen in der Höhe bei gut ein­ge­stell­ten Dia­be­ti­kern öfter auf­tre­ten als bei gesun­den Berg­stei­gern. Sym­pto­me der AMS wie Ver­wirrt­heit oder Kopf­schmer­zen machen jedoch die Abgren­zung zu einer Hypo­glyk­ämie schwie­rig. Daher müs­sen sich Dia­be­ti­ker in gro­ßen und extre­men Höhen­la­gen weit­aus häu­fi­ger den BZ kon­trol­lie­ren und ggf. ein­stel­len. Außer­dem sind bei Höhen über 4000m oder bei nied­ri­gen Umge­bungs­tem­pe­ra­tu­ren man­che BZ-Mess­ge­rä­te nicht ver­läss­lich, so dass eine akku­ra­te BZ-Mes­sung unmög­lich ist.

Man­che Fak­to­ren prä­dis­po­nie­ren außer­dem zum Auf­tre­ten einer Keto­azi­do­se. AMS kann zu einem ver­min­der­ten Appe­tit füh­ren, so dass Typ I‑Diabetiker dazu nei­gen, sich auf­grund gerin­ge­rer Nah­rungs­auf­nah­me eine gerin­ge­re Insulin­do­sis zu appli­zie­ren, um eine Hypo­glyk­ämie zu ver­hin­dern. Dies wie­der­um kann zum Auf­tre­ten der erwähn­ten Keto­azi­do­se füh­ren und die­se Per­so­nen sind dann auch anfäl­li­ger für schwe­re For­men der AMS. Erbre­chen und Ketonurie, wie sie bei sol­chen Stoff­wech­sel­la­gen vor­kom­men, füh­ren dann zur Dehy­drie­rung, was die medi­zi­ni­sche Situa­ti­on wei­ter ver­schär­fen kann.

Man­che Berg­stei­ger neh­men als Pro­phy­la­xe oder The­ra­pie der AMS Ace­tazo­l­amid, was zu einer alka­li­schen Diure­se führt und damit eben­falls eine meta­bo­li­sche Azi­do­se ver­ur­sacht. Dies kann bei Typ I‑Diabetikern zur Ver­schlech­te­rung der keto­azi­do­ti­schen Stoff­wech­sel­la­ge bei­tra­gen. Die­se dia­be­ti­sche Keto­azi­do­se bei berg­stei­gen­den Typ I‑Diabetikern wird übri­gens in bis zu 8% für die Todes­fäl­le in der Höhe bei die­sen Pati­en­ten ver­ant­wort­lich gemacht.

Für Typ I‑Diabetiker in gro­ßen und extre­men Höhen ist das Wich­tigs­te neben der minu­ti­ös genau­en BZ-Ein­stel­lung eine akku­ra­te Akkli­ma­tis­a­ti­on, um sol­che Kata­stro­phen zu verhindern.

 

Hin­weis: Alle Namen wur­den aus recht­li­chen Grün­den von der Redak­ti­on geändert/entfernt.


Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Dr med E Schuhmacher

    Dia­be­ti­scher Not­fall beim Typ 1Diabetes: Es wur­de das Insu­lin Set ver­ges­sen , der Pat fällt beim Berg­stei­gen in wel­che Form des Komas . Hyper, da kein Insu­lin oder Hypo, da durch kör­per­li­che Akti­vi­tät Glu­co­se uti­li­siert. Klas­si­sches Streit Berg­ret­ter The­ma , Die Lösung lau­tet ?? Danke,

    1. Eckehart Schöll

      Lie­ber Herr Kollege,

      Dan­ke für Ihre Nach­fra­ge. Bei einem Koma ist das “Erfolgs­or­gan” das Gehirn. Auf wel­che Wei­se auch immer – es ist für die Bewusst­lo­sig­keit verantwortlich.

      Nun, für den Hirn­stoff­wech­sel ist Glu­co­se unab­ding­bar und ab einer Blut­zu­cker­kon­zen­tra­ti­on (BZ) unter 30 mg% bzw. 1,6 Mmol ver­liert man auf­grund der Hypo­glyk­ämie rasch das Bewusst­sein. Sehr cle­ver ist es daher von Mut­ter Natur ein­ge­rich­tet, dass unser Gehirn Insu­lin-unab­hän­gig arbei­tet. Das bedeu­tet für Typ-I-Dia­be­ti­ker: selbst wenn der rest­li­che Kör­per auf­grund des Insu­lin­man­gels am Ver­hun­gern ist, kann das Gehirn den vor­han­de­nen BZ noch ver­stoff­wech­seln. Wenn nicht bereits eine Unter­zu­cke­rung vor­be­stehend ist, kann es daher auch bei einer Nicht-Ver­ab­rei­chung von Insu­lin funktionieren. 

      Sport­li­che Akti­vi­tät hat einen sofor­ti­gen sowie einen lang andau­ern­den Stoff­wech­sel­ef­fekt. Der Sofort­ef­fekt ist ein rascher Ver­brauch von Glu­co­se durch den Mus­kel, die­ser Pro­zess kann nur bei Ver­füg­bar­keit von Insu­lin statt­fin­den. Daher ist bei einem Typ-I-Dia­be­ti­ker ohne vor­be­stehen­de Unter­zu­cke­rung, wel­cher sich sein Insu­lin nicht ver­ab­reicht, eigent­lich kei­ne Hypo­glyk­ämie zu erwar­ten und es ent­steht kein hypo­glyk­ämi­sches Koma.

      Gut ein­ge­stell­te Typ 1‑Diabetiker haben bei sport­li­cher Akti­vi­tät indes einen deut­lich stär­ke­ren BZ-Abfall als gesun­de Per­so­nen. Fol­gen­de Fak­to­ren tra­gen hier­zu bei:

      - Bereits appli­zier­tes exter­nes Insu­lin kann nicht “aus­ge­schal­tet” wer­den und die Auf­nah­me von BZ durch den Mus­kel hält an, wäh­rend der Glu­co­se-Aus­stoß durch die Leber ver­hin­dert wird.
      – Höhe­re Kör­per­tem­pe­ra­tur und stär­ke­re Durch­blu­tung, wie sie beim Sport nor­mal sind, erhö­hen die Insu­lin­ab­sorb­ti­on aus den sub­ku­ta­nen Depots. Dies trifft beson­ders dann zu, wenn die Injek­ti­on erst kürz­lich erfolg­te und in einem Gebiet mit hoher Mus­kel­ak­ti­vi­tät liegt oder ver­se­hent­lich sogar intra­mus­ku­lär appli­ziert wurde.

      In sol­chen Fäl­len hät­ten wir es also mit einem hypo­gly­kä­men Koma zu tun, auch wenn kein Insu­lin ver­ab­reicht wurde.

      Das hyper­os­mo­la­re dia­be­ti­sche Koma ist kei­ne Enti­tät beim Typ I- son­dern bei Typ-II-Dia­be­tes und tritt wesent­lich all­mäh­li­cher ein.

      Was noch zu Typ-I-Dia­be­ti­kern zu sagen wäre: ab und zu appli­zie­ren die­se sich (absicht­lich oder unbe­ab­sich­tigt) das Insu­lin über län­ge­re Zeit in zu gerin­ger Dosis. In die­sen Fäl­len kommt es zu einem Hun­ger­stoff­wech­sel und folg­lich zur Keto­azi­do­se. Der ste­chen­de Aze­ton­ge­ruch in der Atem­luft ist ein wich­ti­ger Hin­weis auf die statt­fin­den­de Lipo­ly­se. Aber auch das dau­ert eine gerau­me Zeit, wird aber durch die Elek­tro­ly­ten­t­glei­sung und Über­säue­rung auch zum Koma füh­ren. Hier­zu habe ich Ihnen einen inter­es­san­ten Artikel.

      Falls Sie auf unse­rer Sei­te das The­ma ver­tie­fen möch­ten, wir hat­ten vor eini­gen Jah­ren bereits eine ähn­li­che Anfra­ge hier­zu.

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