Ich wende mich mit einer Grundsatzfrage an Sie und hoffe, dass Sie mir allenfalls eine Antwort geben können.
Ich habe bisher mehr als 10 verschiedene 6000er bestiegen und hatte abgesehen der üblichen Beschwerden keine bemerkenswerte Beschwerden verspürt. Jedoch habe ich nun im Dezember 15 den Kilimanjaro bestiegen und bin eigentlich davon ausgegangen, dass dies “mit links” verlaufen würde. Ich habe am Tag 2 des 6 tägigen Trekkings in der Trekkingküche etwas nicht vertragen und hatte eine üble Nacht und war die kommenden Tage geschwächt und konnte nicht recht essen (auch meinen Reisepartner hat es erwischt). Trotzdem konnten wir den Gipfel des Kili erreichen, obwohl ich mich nicht sehr wohl fühlte. Bereits beim Aufstieg auf den Kili hatte ich einen komischen Husten und in der Nacht nach dem Kili hatte ich fest Husten, konnte nicht liegen, hatte Fieber und bin mir ziemlich sicher, dass ich erste Anzeichen auf ein Lungenödem hatte. Ich konnte auch kaum das Toilettenzelt erreichen, ohne eine Verschnaufpause einzulegen und meine Atmung in Ruhe war sehr schnell. Wir waren bereits auf 3100Meter und nach dem weiteren Abstieg waren die Beschwerden und der starke Husten innert paar Stunden vollends verschwunden.
Meine Frage: Wenn man einmal Anzeichen auf ein Lungenödem hatte, ist man danach grundsätzlich erhöhtem Risiko ausgesetzt / ist die Wahrscheinlichkeit überdurchschnittlich hoch, dass man diese Beschwerden wieder hat, oder kann das auch einmalig gewesen sein (habe ich allenfalls Anzeichen der Höhe durch meine Magenverstimmung nicht wahrgenommen etc…)? Ich weiß dass damit nicht zu spaßen ist, es hat mir auch angst gemacht und möchte mich natürlich nicht bewusst diesen Risiken aussetzten, wenn es bereits Daten / Studien gibt, die ein erhöhtes Risiko auf Wiederholung nach einmaligem Auftreten bestätigen.
Antwort der Redaktion
So wie Sie es beschreiben, hatten Sie wohl ein manifestes Höhenlungenödem (HAPE). Auch der Fakt, dass die Beschwerden beim Verlassen der extremen und großen Höhen verschwanden, trägt dieser Tatsache Rechnung. Ob noch eine Magen-Darm-Erkrankung erschwerend hinzugekommen ist, kann man im Nachhinein natürlich nicht sagen, allerdings würde eine solche ein HAPE pathophysiologisch nicht hervorrufen. Jedoch haben Sie beim Vorhandensein einer akuten Bergkrankheit (AMS) eine deutlich höhere Anfälligkeit für ein HAPE (20–50%). Bis zum Beweis des Gegenteiles sollten Sie also davon ausgehen, dass Sie sich nicht den Magen in der Trekkingküche verdorben haben, sondern die Magen-Darm-Probleme die Anzeichen einer AMS waren. Wahrscheinlich hatten Sie auch Kopfschmerzen, oder?
Tatsache ist, dass Sie ab 5500m Höhe mit einem HAPE rechnen müssen. Bergsteiger, welche in der Schweiz die Capanna Regina Margherita (4559m) besuchen, entwickeln zu 4% ein HAPE, sofern sie sich für den Anstieg 2–4 Tage Zeit nehmen. Bergsteiger, die es nicht so gelassen angehen und innerhalb von 24 Stunden (Zermatt – Hütte) hochsteigen, haben häufiger ein HAPE (6%). Und Probanden die bereits einmal ein HAPE erlitten hatten, haben eine 10-fach größere Wahrscheinlichkeit, wiederum ein Lungenödem infolge der Höhe zu entwickeln (60–70%).
Also um Ihre Frage zu beantworten: ja, es gibt eine erhöhte individuelle Wahrscheinlichkeit, ein HAPE zu bekommen. Weiterhin sind klinische Zustände, die mit einem erhöhten Blutgefäßwiederstand in der Lunge einhergehen, prädestiniert dafür, ein HAPE zu begünstigen. Kinder und Jugendliche mit viralen Infektionen der Luftwege haben ebenfalls ein höheres HAPE-Risiko. Die Gruppe um Peter Bärtsch und Marco Maggiorini hat zu diesem Thema sehr viel publiziert. Lesen Sie z.B.
Bärtsch P, Mairbäurl H, Maggiorini M, Swenson ER. Physiological aspects of high-altitude pulmonary edema. J Appl Physiol (1985). 2005 Mar;98(3):1101–10
Die Symptome haben Sie am eigenen Körper erfahren:
- Schwäche und mangelnde Leistungsfähigkeit bei kleinsten Anstrengungen
- Atemnot bei geringster Belastung – später auch in Ruhe
- Husten ‑später hörbare blasige Atemgeräusche
- Druck auf der Brust
- Rasender Puls >100/min und schnelle Atmung >25 Züge/min auch in Ruhe
- Später erhöhte Körpertemperatur