Vor einigen Jahren war ich in Ecuador und wollte den Cotopaxi und anschließend Chimborasso besteigen. War damals 54 J. alt , gut trainiert und litt damals, wie heute unter chron. Hypertonie, welche aber durch regelmäßige Tabletteneinnahme relativ gut eingestellt ist.
Nicht optimal akklimatisiert, aber ohne Anzeichen von Akuter Bergkrankheit und normalem Schlaf und Appetit in der Nacht zuvor, ging es kurz nach 1 Uhr morgens in 4’800m los in Richtung Gipfel. Es herrschte böiger Wind und ein somit zusätzlich kräftezehrender Aufstieg. Nach etwa 3–4 Std. begann meine Sehschärfe langsam nachzulassen, aber ich war optimistisch und stieg weiter mit auf. Etwa 50m unterhalb des Gipfels – inzwischen ist es hell geworden – hatte ich ein Einsehen und gab auf. Mittlerweile konnte ich nur noch sehr grobe Konturen unterscheiden, keine Gesichter erkennen, die Armbanduhr nicht mehr ablesen oder realisieren, wohin ich als nächstes mein Fuß setze. Zudem fiel mir auf , dass ich auch leichte Sprachstörungen hatte (schwere Zunge)
Der anschließende Abstieg war der schlimmste meines Lebens, meine Oberschenkel waren permanent übersäuert oder so. Jedenfalls brannten und schmerzten sie so stark, dass ich mich alle paar Meter in den Schnee geworfen habe. Kopfschmerzen hatte ich zu keinem Zeitpunkt. Im Verlauf des Tages Kam die Sehschärfe langsam zurück, nach gut 12 Std. konnte ich wieder sehen, wie zuvor.
Nach 3 Tagen Erholung in Banos habe ich keine großen Probleme mehr gehabt, den anspruchsvolleren Chimborasso zu besteigen.
Antwort von Hoehenmedizin.org
So wie Sie es beschreiben, hört es sich so an, als hätten Sie in der Höhe Netzhautblutungen (Retinablutung) oder zumindest Ödeme gehabt. Wir sprechen auch von höhen-assoziierten Retinablutungen (HARH). Das sind flächenartige Netzhautblutungen, die infolge des erniedrigten O2-Partialdruckes in extremen Höhen (oberhalb 5’000 m) und des damit erhöhten zerebralen und retinalen Blutflusses auftreten. Ungewohnte Spitzendrucke in den Netzhautgefäßen bei Anstrengung, wie Pressatmung oder Höhenreizhusten, können als Auslöser fungieren. Diese Netzhautblutungen treten bei 50% aller Bergsteiger auf und verursachen selten größere Probleme. Sie können daher auch unbemerkt bleiben. Ab und zu führen sieaber zu Gesichtsfeldausfällen (Skotome), welche indes auch eine gute Prognose haben.
Folgende Symptome treten auf:
- Plötzliche schmerzfreie “blinde“ Flecken im Blickfeld, die jedoch meist in der Peripherie auftreten (Zone der Stäbchen). Bei genauerem Hinsehen, also Zentrierung des vorher nicht gesehen Punktes, rückt dieser in die Mitte der Retina (Zone der Zäpfchen) und wird damit scharf gesehen.
- Schärfenabnahme bei Dämmerung: Bei schlechten Lichtverhältnissen übernehmen die Stäbchen der Peripherie vermehrt das Dämmerungssehen. Daher ist der Visusverlust bei den mehrheitlich peripher gelegenen Blutungen besonders bei Dämmerung auffällig.
- Unscharfes Sehen: Es kommt zu Verwischungen von betrachteten Gegenständen.
- Eindruck einer starken Sonnenlichtblendung
- Schmutzflecken auf der Brille, die beim Absetzten jedoch nicht verschwinden.
Es besteht eine hohe Korrelation zum HACE, dem höhenassoziierten Hirnödem. Das Augenfällige ist, dass die Netzhaut ein Teil des Zwischenhirns ist und damit den gleichen Regulationsmechanismen unterliegt. Möglicherweise hatten Sie also nicht nur eine Netzhautblutung sondern auch ein Hirnödem. Wie Sie ja bereits schreiben, waren Sie nicht ausreichend akklimatisiert. Das kann zum Entstehen von HACE und HARH beitragen. Am Chimborasso waren Sie möglicherweise besser akklimatisiert.