Stark kurz­sich­tig (15 Diop­trien), habe ich im Herbst 2016 eine Netz­haut­ab­lö­sung erlit­ten. Wir beab­sich­ti­gen, nächs­tes Jahr nach Ecua­dor zu rei­sen. Bestand­teil des Pro­gramms wären auch Aus­flü­ge in die Anden, teil­wei­se auf eine Höhe von 5’000 Metern; anstren­gen­de Berg­wan­de­run­gen sind aller­dings nicht vorgesehen.

Kann ich dar­an teil­neh­men, evtl. unter Ein­schrän­kun­gen, was die Dau­er des Auf­ent­halts anbe­langt? Gibt es eine Höhen­gren­ze, die ich kei­nes­falls über­schrei­ten sollte?

Antwort von Hoehenmedizin.org

Eine Netz­haut­ab­lö­sung (Abla­tio reti­nae, AR) ist eine erns­te Ange­le­gen­heit, denn die Ernäh­rung der Netz­haut (Reti­na) geschieht von der Unter­la­ge (Pig­ment­epi­thel) aus. Die­se Unter­la­ge ist zwar mit der Reti­na ver­zahnt und saugt sie sogar aktiv an, rich­tig fest­ge­wach­sen ist die Reti­na aber nur im Zen­trum und an der äußers­ten Peri­phe­rie mit ihr. Bei einer AR gelangt Flüs­sig­keit und/oder Blut zwi­schen Reti­na und Pig­ment­epi­thel, wodurch die Ernäh­rung  der Reti­na prak­tisch sofort unter­bro­chen wird. Da die Reti­na für die Reiz­auf­nah­me und Codie­rung der Licht­wel­len ver­ant­wort­lich ist, führt eine AR im schlimms­ten Fall zur völ­li­gen und unwi­der­ruf­li­chen Erblin­dung des Auges.

Sie haben mit Ihrer Kurz­sich­tig­keit eine der typi­schen Ursa­chen für eine AR, denn Ihr Aug­ap­fel ist nicht rund son­dern längs­oval, was den per­ma­nen­ten Zug des davor­lie­gen­den Glas­kör­pers auf die Reti­na ver­stärkt. Ab einer Kurz­sich­tig­keit von mehr als ‑3 Diop­trien ist das Risi­ko für eine AR daher verzehnfacht!

Blu­tun­gen im Auge und der Reti­na kön­nen auch unter ande­ren Umstän­den auf­tre­ten. Sie kön­nen zum Bei­spiel Aus­druck einer Arte­rio­skle­ro­se, einer Blut­zu­cker­er­kran­kung, eines zu hohen Blut­dru­ckes oder eines erhöh­ten Augen­in­nen­dru­ckes sein. Da ich Ihre gesund­heit­li­che Kon­stel­la­ti­on nicht ken­ne, kann ich nicht sagen, ob bei Ihnen zusätz­lich eine sol­che Erkran­kung vorliegt.

Reti­n­ab­lu­tun­gen kom­men aber auch auf gro­ßen Höhen vor, in wel­che Sie zu rei­sen beab­sich­ti­gen. Die­se Blu­tun­gen wer­den in ers­ter Linie durch die Erwei­te­rung der Blut­ge­fä­ße unter Sau­er­stoff­man­gel aus­ge­löst. Ab 4‘000m rech­net man bei jedem zwei­ten Berg­stei­ger mit sol­chen meist punkt­för­mi­gen Reti­n­ab­lu­tun­gen. Die­se kön­nen sym­ptom­los blei­ben, kön­nen aber im Nach­hin­ein auch zu Nar­ben­bil­dun­gen zwi­schen Reti­na und Glas­kör­per füh­ren, was dann wie­der­um eine AR nach sich zie­hen kann.

Je nach­dem, wel­che Stu­die man liest, sind die Ver­än­de­run­gen des Augen­in­nen­dru­ckes bei Höhen­berg­stei­gern sehr gering und kli­nisch nicht son­der­lich bedeutsam.

Was soll man Ihnen also raten? Wie Sie viel­leicht in ande­ren Arti­keln die­ser Sei­te gele­sen haben, sind Ver­all­ge­mei­ne­run­gen, wel­che aus kli­ni­schen Stu­di­en gezo­gen wer­den kön­nen, zwar mög­lich, geben Ihnen aber kei­ner­lei Sicher­heit, da es ja Ihr ganz per­sön­li­ches Schick­sal ist. Dass sich Ihr Kör­per nicht an die „all­ge­mei­nen Vor­ga­ben“ gehal­ten hat, sehen Sie dar­an, dass Sie stark kurz­sich­tig sind und daher bereits eine AR hat­ten. Nie­mand kann Ihnen also garan­tie­ren, dass Sie ab einer Höhe von 2‘500m sym­ptom­los blei­ben, so wie nie­mand sicher sagen kann, dass Sie dort oben eine AR auf­grund einer Reti­n­ab­lu­tung bekom­men werden.

Da aber der Ein­satz in Ihrem Fall unver­hält­nis­mä­ßig hoch ist, wür­de ich tat­säch­lich auf die­se Rei­se ver­zich­ten. Aber das ist mei­ne ganz per­sön­li­che Meinung.

Lite­ra­tur:

Hin­weis: Alle Namen wur­den aus recht­li­chen Grün­den von der Redak­ti­on geändert/entfernt.


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