Ich bin 27 Jahre alt, sportlich, BMI 22 und plane im November eine 15 tägige Reise von Kathmandu zum Mount Everest Base Camp. Im Reiseprogramm sind mehrere Tage zur Akklimatisierung vorgesehen (bei 3400 und nochmal bei 4400 m) und es ist ab 3400m kein Aufstieg größer 500m pro Tag geplant. Bei mir liegt ein Z.n. Sinusvenenthrombose 07/2011 ohne Residuen bei a. e. unter oraler Antikonzeption erworbenen Protein-S-Mangel vor. Ein klinisch relevanter, hereditärer Protein S‑Mangel wurde ausgeschlossen.
Ich weise jedoch einen heterozygoten Polymorphismus Pro626Pro im Protein S‑Gen auf, welcher mit einem niedrigen Protein-S-Spiegel jedoch nicht mit einem erhöhten Thromboembolierisiko assoziiert ist. Zusätzlich besteht bei mir der V.a. ein „sticky-platelet-Syndrom“ mit sowohl nach Induktion mit 0,5mol Epinephrin als auch 1 mol ADP deutlich gesteigerter Thrombozytenaggregation.
Ich nehme weder ASS dauerhaft noch führe ich eine prophylaktische Antikoagulation (mit Ausnahme von langen Flugreisen) durch.
Sollte ich Ihrer Meinung nach für die Reise eine Thromboseprophylaxe durchführen oder würden Sie aufgrund der Vorgeschichte gänzlich von der Reise abraten?
Antwort von Hoehenmedizin.org
Da haben Sie also zweimal “hier” gerufen, als es um die Verteilung von Blutgerinnungsproblemen ging. Nun, das ist nicht so selten, wie Sie vielleicht wissen, denn das Sticky-platelet-Syndrom ist häufig mit anderen Thrombophilien assoziiert, was darauf hinweist, dass die Vererbung ganzer Gengruppen manchmal zusammenhängt – entweder weil die Genloci so eng beieinander liegen oder weil Sie sich gegenseitig bedingen. Jedenfalls ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Sinusvenenthrombose vor 7 Jahren nicht durch Ihren erworbenen Protein-S-Mangel sondern eben durch die hyperreagiblen Blutplättchen bedingt war.
Patienten mit einem Sticky-platelet-Syndrom können trotz Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten eine Thrombose entwickeln und es erscheint daher wenig sinnvoll, Sie ohne 100mg Aspirin/Tag zu belassen. Zumindest dies sollten Sie sich vor eine Reise in die Hochlandregion verschreiben lassen und für die Dauer des dortigen Aufenthaltes konsequent einnehmen. Wenn Ihr Protein-S-Mangel nicht nur erworben gewesen wäre, dann würde ich Ihnen tatsächlich von der Reise abraten.