ich habe in SAC Alpen 8/2008 von einem Hima­la­ya-Alpi­nis­ten gele­sen, der einem extrem erschöpf­ten Höhen­berg­stei­ger Kof­fe­in­ta­blet­ten gege­ben hat (da nichts wei­te­res dar­über geschrie­ben wur­de, neh­me ich mal an, die­se Kof­fe­in­ta­blet­ten soll­ten dazu die­nen, die letz­ten Reser­ven zu mobi­li­sie­ren.) Frü­her hat man in sol­chen Fäl­len Rita­lin ver­ab­reicht. Wird heu­te zur Mobi­li­sie­rung der letz­ten Reser­ven nicht mehr Rita­lin ver­wen­det, son­dern Koffeintabletten?

Antwort von Hoehenmedizin.org

Ver­ges­sen Sie mal Rita­lin im Hoch­ge­bir­ge. Das Medi­ka­ment ist ein zen­tral­ner­vö­ses Sti­mu­lans mit aus­ge­präg­ter Wir­kung sowohl auf die men­ta­len als auch auf die moto­ri­schen Akti­vi­tä­ten. Es greift in den Wie­der­auf­nah­me­me­cha­nis­mus des Dopa­min ein, sei­ne genaue Wir­kung ist beim Men­schen jedoch noch nicht voll­stän­dig geklärt. Als uner­wünsch­te Arz­nei­mit­tel­wir­kun­gen tre­ten häu­fig Kopf­schmer­zen, Schläf­rig­keit, Schwin­del, Dys­ki­ne­sie auf, also Sym­pto­me, die auch auf eine aku­te Berg­krank­heit oder sogar ein HACE hin­wei­sen könnten.

Kof­fe­in ist eben­falls ein psy­cho­ak­ti­ves Sti­mu­lans. Es wirkt jedoch anders. Die Sub­stanz blo­ckiert in höhe­ren Dosen die Phos­pho­dies­ter­asen, wel­che in vie­len Gewe­ben unse­res Kör­pers vor­kom­men. Dadurch wird der Abbau von cycli­schem zu acy­cli­schem AMP ver­min­dert und es kommt zum Anstieg von cAMP in den Zel­len. Die wesent­li­chen Wir­kun­gen des Kof­fe­ins sind daher neben den anre­gen­den zen­tra­len Effekten:

• die Kon­tak­ti­ons­kraf­ter­hö­hung des Her­zens sowie die Stei­ge­rung der Pulsfrequenz

• nur leich­te Erhö­hung des Blutdruckes

• die Erwei­te­rung der Atem­we­ge in der Lunge

• Gefä­ße im Gehirn wer­den durch Cof­fe­in ver­engt, die in der Peri­phe­rie erweitert

• schwach harntreibend

• Anre­gung der Darmperistaltik

• ver­min­der­te Frucht­bar­keit bei Frau­en durch Hem­mung der Mus­kel­kon­trak­tio­nen in den Eileitern

• Bereit­stel­lung von Sub­stra­ten durch För­de­rung der Gly­co­geno­ly­se (Zucker) und Lipo­ly­se (Fett)

Wie Sie sehen, ist es durch­aus sinn­voll, im Hoch­ge­bir­ge Kof­fe­in zu sich zu neh­men. Ob es letzt­end­lich mehr bringt als eine gute Akkli­ma­ti­sa­ti­on, bedarf aber einer genaue­ren Untersuchung.


Koffeintabletten beim Bergsteigen – Teil II

Ihre aus­führ­li­che Ant­wort hat mir total Freu­de gemacht – Herz­li­chen Dank!

Jetzt habe ich auch von ande­ren Per­so­nen gehört, dass es “Sport­nah­rung” mit Kof­fe­in­zu­sät­zen gibt. Davon wuss­te ich bis anhin nichts und weiß auch bis heu­te nicht, in wel­cher Form die­se “Sport­nah­rung” ein­ge­nom­men wird.

Ich glaub­te immer, Kof­fe­in­ta­blet­ten wür­den nur in Not­fäl­len ver­ab­reicht, um die letz­ten Reser­ven zu mobi­li­sie­ren. Ist das nicht der Fall?

Antwort von Hoehenmedizin.org

Sport­nah­rung mit Kof­fe­in ist tat­säch­lich kei­ne ganz neue Idee, wenn wir z.B. an Red­Bull® den­ken. Laut Her­stel­ler­an­ga­ben soll das Getränk eine bele­ben­de Wir­kung sowie leis­tungs­stei­gern­de Eigen­schaf­ten haben, die sich aus sei­nen Inhalts­stof­fen her­lei­ten. In der Regel ist es aber die Kom­bi­na­ti­on aus allen Ingre­di­en­zi­en und nicht nur das Kof­fe­in per se, wel­ches zur sport­li­chen Leis­tungs­stei­ge­rung bei­trägt. Tat­säch­lich hat­te ich wäh­rend mei­ner Wehr­dienst­zeit aber Kol­le­gen, die Kof­fe­in­ta­blet­ten auf mehr­tä­gi­gen und ‑näch­ti­gen Übun­gen ein­ge­wor­fen haben. Dass die­se Sol­da­ten die bes­se­ren Leis­tun­gen erbracht hät­ten, kann ich aber nicht behaup­ten. Das sind aber rein kasu­is­ti­sche Beob­ach­tun­gen, die viel­leicht einer groß ange­leg­ten Unter­su­chung nicht stand­hal­ten würden.

Im Not­fall hat Kof­fe­in aber defi­ni­tiv nichts zu suchen. Hier grei­fen ganz ande­re Algo­rith­men, die zum Über­le­ben eines Geschä­dig­ten bei­tra­gen sollen.

Hin­weis: Alle Namen wur­den aus recht­li­chen Grün­den von der Redak­ti­on geändert/entfernt.


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